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"Auf Wiedersehen, Kinder!" heißt das neue Buch der Historikerin und Autorin Lilly Maier. Darin schreibt sie über den Wiener Reformpädagogen Ernst Papanek, der während des Zweiten Weltkriegs vier Kinderheime in Montmorency bei Paris für 283 jüdische Flüchtlingskinder aus Deutschland und Österreich leitete. Die Kinder wurden von ihren Eltern zum Schutz vor den Nazis dorthin geschickt. 1940 gelang Papanek in letzter Sekunde die Flucht aus Europa in die USA. Dort engagierte er sich u.a. dafür, dass die Kinder nachkamen. Er konnte einem Großteil zur Flucht in die USA verhelfen. Im Kirchenpodcast, der u.a. auf der Website der katholischen Kirche in Österreich (www.katholisch.at) abrufbar ist, stellt Maier den in Österreich wenig bekannten Papanek vor.

Auf den Namen des Reformpädagogen stieß Maier bei den Recherchen zu ihrem ersten Buch "Arthur und Lilly". Darin geht es um Arthur Kern, der eines jener Kinder war, das mit dem Kindertransport nach Frankreich geschickt wurde. "Sobald ich Arthur und Freunde von Arthur kennengelernt hatte, hörte man ständig von Ernst Papanek. Jeder hatte leuchtende Augen, wenn der Name Ernst Papanek gefallen ist", so Maier. Papanek sei es nie "nur" darum gegangen, die Leben der Kinder zu retten, sondern auch ihre Seelen. Sein Ziel sei es gewesen, die Kinder glücklich zu machen und ihnen zu helfen, auch als Erwachsene mit ihren Traumata umgehen zu können, erzählt Maier.

Ernst Papanek habe sie schwer beeindruckt, so die Autorin. Papanek sei ein leidenschaftlicher Lehrer und Politiker gewesen. "Man kann das nicht wirklich trennen: Der sozialdemokratische Hintergrund und seine Ausbildung zum Lehrer in der Zwischenkriegszeit." Genauso wichtig sei sein Optimismus gewesen.

Das Buch beginnt mit einer Geburtstagsfeier in Frankreich am 20. August 1939. Papanek hat die Kinder bereits nach Frankreich gebracht, gleichzeitig ist es die Ruhe vor dem Sturm, denn gute zwei Wochen später beginnt der Zweite Weltkrieg. Diese Überraschungsparty, die die Kinder wochenlang für Papanek vorbereiteten, sei ein letztes großes Feiern gewesen. Den Erwachsenen sei da bereits klar gewesen, "dass sich etwas anbahnt".

Warum Ernst Papanek hierzulande in Vergessenheit geriet, hat laut Maier mehrere Gründe. "Einerseits ist dies das traurige Schicksal der Exilanten." Die unschöne Frage, warum Menschen wie Papanek nie nach Österreich zurückkehrten, wollte man lange Zeit nicht stellen. Außerdem habe die Tatsache, dass Papanek hier in Vergessenheit geriet, viel mit Antisemitismus zu tun. Papanek, der sich selbst nie als Jude sah, wurde aber von anderen so gesehen. "Die Nachkriegs-SPÖ hatte große Angst vor dem Antisemitismus und wollte nicht zu viele jüdische Genossen zurückholen, damit nicht wieder Vorurteile entstehen." Auch Bruno Kreisky sei vergleichsweise spät zurückgekommen. Über Jahrzehnte blieb Papanek so eine wichtige Anlaufstelle für österreichische Sozialdemokraten in den USA. Auch Bundespräsident Franz Jonas oder Bundeskanzler Bruno Kreisk besuchten ihn, wenn sie in Amerika waren. In den USA betreute Papnek auch straffällig gewordene Jugendliche.

Erst kurz vor seinem Tod im Jahr 1973 kehrte Papanek nach Wien zurück. Fünf Jahre später wurde ein Gemeindebau im 15. Wiener Gemeindebezirk nach ihm benannt. Maier: "Was von ihm bleibt, sieht man in den Menschen, die er berührt hat." Hier sehe man Papaneks Lebenswerk, der in Amerika auch straffällig gewordene Jugendliche betreute: In der erfolgreichen Leben, die diese Menschen geführt haben.

Das Buch "Auf Wiedersehen; Kinder! Ernst Papanek. Revolutionär, Reformpädagoge und Retter jüdischer Kinder" von Lilly Maier ist im Molden Verlag erschienen.

Der von der ökumenischen Radioagentur Studio Omega produzierte Religionspodcast "Wer glaubt, wird selig" ist nicht nur auf www.katholisch.at, sondern auch auf www.studio-omega.at, auf "https://studio-omega-der-podcast.simplecast.com" sowie auf iTunes, allen Smartphone-Apps für Podcasts, auf Spotify und auf Youtube (https://www.youtube.com/channel/UCwJ-QjJFPX4EGRuHBHsIJJQ/featured) abrufbar.