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"Arik Brauer hat die österreichische Kultur nach 1945 entscheidend mitgeprägt." Mit diesen Worten hat die Direktorin des Dom Museum Wien, Johanna Schwanberg, den am Sonntagabend im Alter von 92 Jahren verstorbenen Wiener Allroundkünstler gewürdigt. Nicht nur als einer der Begründer der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, sondern auch als Musiker, dialektsprachlicher Dichter und Bühnenbildner sei Brauer als vielfältiger Künstler immer präsent gewesen.
Als Persönlichkeit des öffentlichen Lebens vertrat der Verstorbene nach den Worten der Dommuseumsdirektorin eine "Position der Offenheit und des Dialogs, die dabei immer mit seiner klar demokratischen, antifaschistischen Haltung einherging". Diese kultur-, religion- und letztlich grenzüberschreitende Haltung "werden wir genauso vermissen wie seine stets positive, versöhnliche Grundhaltung dem Leben gegenüber", bekundete Schwanberg in ihrer Stellungnahme Trauer.
Das Dom Museum Wien würdigte 2009 in einer Sonderausstellung das religiöse Werk des Malers. Die Schau "Arik Brauer und die Bibel" umfasste 34 Bilder aus dem Zeitraum ab Anfang der 1960er-Jahre. Besucht wurde die Ausstellung auch von Kardinal Christoph Schönborn und dem damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer, der mit Brauer über Jahrzehnte freundschaftlich verbunden war. Vom Künstler selbst durch die Schau geführt zu werden und dessen Vorstellungen beim Malen erläutert zu bekommen, mache den Besuch zu einem "besonderen Erlebnis", sagte Fischer damals im Gespräch mit Kathpress. Er sei beeindruckt vom "Mut zur Fantasie", die in den Bildern zum Ausdruck komme, und von der Bibelkenntnis Brauers.
NS-Zeit in Versteck überlebt
Arik Brauer wurde 1929 als Sohn eines jüdischen Handwerkers im Wiener Vorstadtbezirk Ottakring geboren. Die Religion habe in seinem Elternhaus fast keine Rolle gespielt, so der Maler: "Ich bin aber einmal in der Woche in die jüdische Religionsstunde gegangen. Das war eine andere Welt. Dort wurde anders, nämlich hebräisch, gesprochen, und die waren anders angezogen. Sonst war ich ein Gassenbub in Ottakring, wie alle anderen auch". Brauers Vater überlebte den Holocaust nicht. Er wurde ermordet, während Arik in einem Versteck überlebte.
Nach dem Krieg studierte Brauer an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er 1947 gemeinsam mit Ernst Fuchs, Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter und Anton Lehmden die "Wiener Schule des Phantastischen Realismus" gründete. Ab den 1950er-Jahren reiste Brauer durch die Welt, lebte u.a. in Israel und Paris. Mitte der 1960er-Jahre kehrte er nach Wien zurück, wo er schon bald Erfolge in der Kunstszene feierte.
Parallel zu seiner Arbeit als Maler und Dichter wurde Brauer auch durch seine Dialektlieder wie "Hinter meiner, vorder meiner" oder "Sie ham a Haus baut" vielen Österreichern zum Begriff. Später beschäftigte er sich auch mit Architektur. In Wien-Mariahilf gestaltet er einen Gemeindebau, 1995 entwarf er eine neue Außenfassade für die katholische Pfarrkirche "Am Tabor" in Wien-Leopoldstadt. Der Künstler stellte darin das "Letzte Abendmahl" mit Symbolen des Pessachfestes dar.
Das Wiener Jüdische Museum widmete Brauer 2019 anlässlich seines 90. Geburtstags eine umfassende Werkschau. Mit rund 54.000 Besuchern war es die bisher zweiterfolgreichste Schau des Museums. Im Oktober 2019 erhielt der auch für sein Schaffen vielfach ausgezeichnete Künstler den erstmals von der Styria Media Group und der "Kleinen Zeitung" vergebenen Fritz-Csoklich-Demokratiepreis. Der Künstler hielt damals ein flammendes Plädoyer für Demokratie und Menschlichkeit.
Am Sonntagabend starb Arik Brauer im Beisein seiner künstlerisch ebenfalls vielfältig engagierten Familie. Seine letzten Worte waren laut seiner Familie: "Ich war so glücklich mit meiner Frau, mit meiner Familie, mit meiner Kunst und meinem Wienerwald. Aber es gibt eine Zeit, da lebt man, und es gibt zwei Ewigkeiten, da existiert man nicht."