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Katholikos Karekin II, Oberhaupt der Armenisch-apostolischen Kirche, hat am 21. Jänner mit Vrtanes Abrahamyan einen neuen Bischof für die Diözese Berg-Karabach ernannt. An diesem Sonntag zelebrierte Bischof Abrahamyan im Beisein anderer Bischöfe und des scheidenden Erzbischofs Pargew Martirosyan seine erste Liturgie in der Mutter-Gottes-Kirche von Stepanakert, der Hauptstadt von Berg-Karabach. Mit der Ernennung Abrahamyans bekräftigte Katholikos Karekin II. die Entschlossenheit der armenischen Kirche, das christliche Erbe der Region Berg-Karabach zu bewahren und die christliche Präsenz aufrechtzuerhalten.

Ein großer Teil Berg-Karabachs ging im vergangenen Herbst im Krieg an Aserbaidschan verloren. Das restliche, noch unter armenischer Herrschaft verbliebene Gebiet, wozu auch Stepanakert gehört, ist nur mehr über einen wenige Kilometer breiten Korridor mit Armenien verbunden.

Berg-Karabach zählt seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. zu Armenien, wurde im 4. Jahrhundert christianisiert und spielte für die kulturelle Autonomie der Armenier zwischen dem 10. und 19. Jahrhundert unter iranischer und russischer Herrschaft eine tragende Rolle. Bereits Mitte des 5. Jahrhunderts wurde in Karabach ein eigenständiges Katholikosat gegründet, das nicht nur die bedeutendste armenische Kirche im Osten, sondern bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts autokephal und die am längsten unabhängige armenische Kirche war.

Vor dem Ersten Weltkrieg zählte das dem Russischen Zarenreich einverleibte Karabach 222 Kirchen und Klöster. Mit der sowjetischen, atheistischen Indoktrination und der stalinistischen Unterbindung nationaler Kultur ging die armenische Kirche 1930 unter und erwachte erst wieder im Zuge des ersten Karabachkriegs und der Auflösung der Sowjetunion.

1988/89 wurde die Diözese Karabach - als Teil des Katholikosats von Etschmiadzin - eingerichtet und fortan wurden viele der während der Sowjetzeit leer stehenden oder missbräuchlich verwendeten Kirchen und Klöster reaktiviert und renoviert.

1991 erklärte sich die armenisch besiedelte autonome Republik Artsach (Berg-Karabach) innerhalb Aserbaidschans für unabhängig. Der folgende erste Karabach-Krieg dauerte bis 1994 und endete mit einem Waffenstillstand. Die Milizen von Artsach konnten den größten Teil der kleinen Republik mit der historisch bedeutsamen Hauptstadt Stepanakert bewahren und im Zusammenwirken mit der armenischen Armee auch sieben aserbaidschanische Provinzen zwischen Berg-Karabach und Armenien unter Kontrolle bringen und so die Verbindung zwischen Artsach und der armenischen Republik sicherstellen.

Bis zum 10. November 2020 unterhielt die Diözese Karabach mehr als 30 "arbeitende" Kirchen und Klöster. Das Denkmalamt der Republik Karabach listete insgesamt für die Region 4.403 christliche Kulturdenkmäler auf: von prähistorischen und antiken archäologischen Stätten über mittelalterliche Kirchen, Klöster und Festungen bis hin zu Fürstenpalästen, unzähligen Kreuzsteinen und reich verzierten Grabsteinen.

Einheimischer Bischof für Berg-Karabach

Bischof Vrtanes Abrahamyan wurde 1962 in Tsavategh in Berg-Karabach geboren. Er war auch der erste Priester, der nach der Loslösung Karabachs 1988 nach Armenien geschickt wurde und diente dann auch im Kloster Amaras als Abt. Er war von 1994 bis 1996 stellvertretender Leiter der Diözese Karabach und ab 2007 bis zum Jänner 2021 oberster Militärseelsorger der armenischen Streitkräfte.

Abrahamyan löste den seit über 30 Jahren in Karabach wirkenden Erzbischof Pargew Martirosyan ab. Pargew stand seit der offiziellen Wiedereinrichtung der Diözese im März 1989 der armenischen Kirche in Karabach vor. Am 16. November erlitt er einen Herzanfall. Er wurde in den USA operiert und ist inzwischen wieder genesen, der herausfordernden Aufgabe in Karabach aber gesundheitlich nicht mehr gewachsen.

Der eingefrorene Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach war am 27. September 2020 wieder aufgebrochen und dauerte bis zum 9. November. Die Streitkräfte Armeniens bzw. Karabachs hatten der aufgerüsteten Armee Aserbaidschans, die u.a. massiv von der Türkei unterstützt wurde, wenig entgegenzusetzen. Ein Großteil Karabachs wurde von den aserbaidschanischen Truppen eingenommen, bevor am 9. November unter der Ägide Russlands ein Waffenstillstand ausgehandelt wurde. Rund 6.000 Menschen starben im Krieg, 100.000 wurden vertrieben. Die politische Zukunft der Region ist ungewiss.