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"Ich bin ein Serbe, aber ich bin vor allem ein Christ, und das ist ein universeller Wert, und deshalb werde ich Christus predigen und Zeugnis geben. Ich liebe mein Volk, aber ich liebe auch alle anderen Nationen, jeden Menschen, jede Ikone Gottes." - Mit diesen Worten hat sich der neue serbisch-orthodoxe Patriarch Porfirije nach seiner Wahl am Donnerstagabend in Belgrad erstmals öffentlich zu Wort gemeldet, wie das serbisch-orthodoxe Patriarchat mitteilte. Beobachter gehen davon aus, dass sich Porfirije um einen Kirchenkurs der Versöhnung und des Dialogs bemühen wird, unter anderem hinsichtlich des immer noch stark belasteten Verhältnisses zwischen Serbien und Kroatien.

 

Porfirije (Peric), bisher Metropolit von Zagreb und Ljubljana war am Donnerstag von den serbisch-orthodoxen Bischöfen zum neuen Patriarchen gewählt worden bzw. entschied letztlich unter drei gewählten Kandidaten das Los. Der 59-jährige Porfirije ist der 46. serbische Patriarch. Die feierliche Inthronisation des neuen Patriarchen fand am Freitagvormittag in der Belgrader Erzengelkathedrale statt.

 

Traditionell wird die Inthronisation dann auch nochmals in Pec, dem im Westkosovo gelegenen alten Patriarchensitz abgehalten. Der Termin dafür steht derzeit aber noch nicht fest.

 

Gratulationsschreiben trafen unterdessen u.a. vom serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic, dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. und auch vom kroatischen Kardinal und Erzbischof von Zagreb Josip Bozanic ein. "Die Völker, zu denen wir auf diesem europäischen Kontinent gehören, erwarten von uns Christen in dieser belasteten Zeit, dass wir Salz der Erde, Licht für die Welt und Zeugen der Hoffnung des Evangeliums sind", heißt es im Schreiben des Zagreber Erzbischofs wörtlich.

 

Bozanic zeigte sich zuversichtlich, dass die katholische Kirche und die serbisch orthodoxe Schwesterkirche neue "Wege der Liebe und Barmherzigkeit" gehen können. Es brauche gegenseitiges Verständnis, Wertschätzung füreinander, Akzeptanz und Vergebung, "damit ein neues Kapitel von fruchtbarer Zusammenarbeit und Gemeinschaft zum Wohl der uns anvertrauten Gläubigen aufgeschlagen wird", so der Kardinal.

 

Katholisch-orthodoxe Annäherung

 

Erst Mitte Jänner hatten Metropolit Porfirije und Kardinal Bozanic gemeinsam die beiden Kathedralen im Stadtzentrum Zagrebs und die Bischofshäuser besucht, die bei den Erdbeben Anfang dieses Jahres und im vergangenen Jahr schwer beschädigt worden waren. Bei der Begegnung tauschten sich die beiden Bischöfe über die Hilfe für die Erdbebenopfer und notwendige Maßnahmen im Blick auf die Corona-Pandemie aus.

 

Damals sagte Metropolit Porfirije wörtlich: "Wenn wir im 'Anderen' den Nachbarn sehen, dann werden alle Schwierigkeiten leichter, und sie werden leichter zu überwinden sein". Ereignisse wie die Erdbeben seien eine Erinnerung daran, dass die Menschen dazu berufen sind, "in Verschiedenheit einig zu sein".

 

Mit Konfliktfeldern vertraut

 

Dass Metropolit Porfirije nun der neue serbisch-orthodoxe Metropolit ist, ist letztlich kein Zufall. Er nahm auch bisher schon in der serbischen Kirchenhierarchie eine der höchsten Positionen ein und ist auch mit den politischen und kirchlichen Konfliktfeldern auf dem Balkan bestens vertraut.

 

Die serbisch-orthodoxe Kirche unterstützt die serbische Regierung auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft, zugleich ist sie jedoch zu keinen Kompromissen in Bezug auf den Kosovo bereit. Eine direkte oder indirekte Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo durch Serbien lehnte die Kirche stets ab. An den diversen internen wie öffentlichen Gesprächen der Kirchenleitung mit der serbischen Politik war auch Porfirije oft beteiligt.

 

Konfliktfall "Stepinac"

 

Auch in eine weiteren heiklen Causa war der Metropolit von Zagreb direkt involviert: Rund um eine mögliche Heiligsprechung des kroatischen Kardinal-Primas Alojzije Stepinac (1898-1960) gibt es seit Jahren heftige Auseinandersetzungen zwischen der katholischen Kirche in Kroatien und der serbisch-orthodoxen Kirche. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der kommunistischen Machtübernahme wurde Stepinac in einem Schauprozess zu 16 Jahren Haft verurteilt, weil er während des Zweiten Weltkriegs mit den kroatischen Faschisten kollaboriert haben soll. Nach sechs Jahren Haft musste er die restliche Zeit bis zu seinem Tod in Hausarrest verbringen. Papst Johannes Paul II. sprach Stepinac 1998 selig.

 

Bezüglich einer möglichen Heiligsprechung von Stepinac hatte sich die serbisch-orthodoxe Kirche 2014 brieflich an Papst Franziskus gewandt und schwere Bedenken im Hinblick auf Stepinacs Rolle während der Zeit des sogenannten "Unabhängigen Staats Kroatien" im Zweiten Weltkrieg geäußert. Von Juli 2016 bis Juli 2017 versuchte deshalb eine von Papst Franziskus in Auftrag gegebene ökumenische kroatisch-serbische Historikerkommission das Leben des Kardinals aufzuarbeiten. Der Papst hatte daraufhin die Bildung der Dialogkommission angeregt. Metropolit Porfirije war Mitglied der Kommission, die allerdings keine Einigung erzielen konnte. Die vorherrschenden Interpretationen der katholischen Kroaten und der orthodoxen Serben seien nach wie vor unterschiedlich, hieß es damals. - Bis dato ist die Heiligsprechung jedenfalls noch nicht erfolgt.