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Die Corona-Krise hat die soziale Ungleichheit in Österreich wie weltweit deutlich verschärft. Darauf hat Caritas-Österreich-Generalsekretärin Anna Parr am Donnerstag in einer Aussendung aufmerksam gemacht. Sie forderte zugleich drei besonders dringliche Maßnahmen zur Armutsbekämpfung: Es brauche erstens eine Anhebung des Arbeitslosengeldes, zweitens eine grundlegende Überarbeitung der Sozialhilfe Neu und drittens massive Reformen im Bildungsbereich.

 

Parr: "Ungleichheit drückt sich während der Pandemie in vielfältigen Formen und Zusammenhängen aus. Das betrifft schon die Gesundheitsrisiken: Menschen, die in Armut leben, sind dem Virus am stärksten ausgesetzt." Auch die ökonomischen Auswirkungen seien ungleich verteilt. Und schließlich hänge viel von der sozialen Lage der Menschen ab: "Diejenigen mit höheren Einkommen können finanzielle Einbußen besser verkraften. Und Kinder, deren Eltern sie beim Homeschooling gut unterstützen können, werden weniger aufzuholen haben."

 

Viele Menschen seien im vergangenen Jahr in existenzielle Schwierigkeiten geraten. Das spüre die Caritas auch in ihren 53 Sozialberatungsstellen. "Viele Menschen haben in diesem Jahr zum ersten Mal unsere Hilfe benötigt. Über die Monate des Andauerns der Krise beobachten wir, dass sich ihre Probleme massiv verschärft haben", so Parr.

 

Staatliche und private Unterstützungsmaßnahmen seien extrem wichtig und hätten auch gegriffen, aber langfristig sei vor allem auch Nachhaltigkeit in den Maßnahmen ein wichtiger Faktor. "Um einer strukturellen Benachteiligung aufgrund der Pandemie entschieden entgegenzuwirken, braucht es auch langfristige Maßnahmen", betonte die Caritas-Generalsekretärin.

 

Arbeitslosengeld derzeit nicht armutsfest

 

Die Kurzarbeit, Einmalzahlungen für Arbeitslose, die Anhebung der Ausgleichszulage und die Einrichtung des Corona-Familienhärtefonds hätten viele Menschen vor dem Schlimmsten bewahrt. "Der Sozialstaat wirkt und hat sich als Schutzmauer in der Corona-Krise bewiesen", unterstrich Parr. Es zeige sich aber auch, dass zusätzliche Maßnahmen notwendig seien, um Menschen vor Existenznöten zu bewahren: "Wir sehen einmal mehr, dass das Arbeitslosengeld nicht armutsfest ist. Mit 55 Prozent liegt die Nettoersatzrate auch unter dem OECD-Durchschnitt von 63 Prozent."

 

Viele Branchen würden sich nicht so bald erholen und mit Fortdauer der Krise steige der Druck auf arbeitslose Menschen. Insofern begrüßte Parr die Verlängerung der Kurzarbeit und appellierte langfristig für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes bei gleichzeitiger Beibehaltung der Notstandshilfe: "Wir müssen sicherstellen, dass Menschen trotz Jobverlusts ausreichend Geld für Lebensmittel, Heizen und anfallende Mieten haben."

 

Besonders besorgniserregend ist für die Caritas-Generalsekretärin zudem die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit und damit auch die zunehmende Gefahr für die betroffenen Menschen, in Armut zu rutschen: "Personen, die bereits vor Ausbruch von COVID-19 arbeitslos waren, haben aktuell kaum Chancen, einen Job zu finden. Was es jetzt braucht sind mutige zusätzliche öffentliche Investitionen um dringend benötigte Arbeitsplätze zu schaffen und weitere Beschäftigungsprogramme zu finanzieren."

 

Problematische Sozialhilfe Neu

 

Kritik übte Parr an der Sozialhilfe Neu. Momentan bringe sie beispielsweise für Wohnungslose, für Arbeitssuchende, für Menschen mit Behinderung und für Familien mit Kindern schlimme finanzielle Einbußen mit sich. Dabei wäre es genau die Aufgabe einer Sozialhilfe, eben ein Mindestmaß an finanzieller Existenzsicherung und einen angemessenen Lebensstandard sicherzustellen. Parr: "Von unseren Sozialberatungsstellen wissen wir: Die neue Sozialhilfe verstärkt die Problemlagen vieler Menschen. Beispielsweise führt die Anrechnung der Wohnbeihilfe auf die Sozialhilfe bei vielen zu Einkommensverlusten." Es brauche eine Novellierung und armutsfeste Gestaltung der Sozialhilfe, das Ziel müsse eine bundesweite Vereinheitlichung sein, so die Caritas-Generalsekretärin.

 

Beste Bildung von Anfang an

 

Lange Phasen des Distance-learnings und die damit einhergehenden Ängste und Sorgen der Schüler sowie der fehlende Kontakt zu Bezugspersonen hätten bei vielen Kinder Lerndefizite verursacht. Besonders schwer hätten es jene aus sozioökonomisch benachteiligten Familien, so Parr weiter: "Wir wissen: Je niedriger der Bildungsabschluss, desto größere die Gefahr, zukünftig selbst in Armut zu leben."

 

Deshalb brauche es flächendeckend ein gutes Fundament in der elementaren Bildung sowie ganzheitliche, ganztägige Schulformen, "die allen Kindern ein vielfältiges Programm und Qualität in der Betreuung garantieren". Nicht zuletzt sehe die Caritas einen Chancen-Index bei der Vergabe von Ressourcen an Schulen als notwendig an. Denn für Schulen, die mit größeren Herausforderungen konfrontiert sind, "braucht es mehr finanzielle Mittel, um sowohl für die SchülerInnen als auch für die Lehrkräfte Förderangebote und Unterstützung sicherzustellen", forderte die Generalsekretärin.