Mit Blick auf das Staat-Kirche-Verhältnis in westlichen Ländern fordert Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin "einen öffentlichen Raum" für religiöse Äußerungen ein. Gläubige Menschen und Religionen könnten "einen beachtlichen Beitrag zur Lösung der großen Probleme dieser Zeit leisten", sagte er dem französischen TV-Sender. "Leider ist die Politik in dieser Hinsicht mitunter etwas stimmlos", so der Chefdiplomat des Papstes.

Auf die Frage, ob allgemeine Appelle an menschliche Geschwisterlichkeit ausreichten, entgegnete Parolin, die Kirche könne und wolle keine Detailpolitik machen. "Aber sie weckt und schärft Bewusstsein - was nicht wenig ist", so der zweite Mann des Vatikan. Zudem seien der Heilige Stuhl und damit die katholische Kirche in vielen internationalen und multilateralen Organisationen vertreten. Dort arbeite man sehr wohl mit anderen an konkreten Detailfragen.

In politischen Debatten sollten sich die Kirche wie auch einzelne Katholiken Auseinandersetzungen stellen, "aber nicht bloß um des Konflikts willen - das ist sinnlos", so Parolin. Im Übrigen argumentierten Kirchenvertreter in ethischen und sozialen Fragen keineswegs nur religiös, sondern zumeist mit Vernunftargumenten.

Das 2018 geschlossene Abkommen mit China zur Ernennung von Bischöfen verteidigte Parolin. Allerdings respektiere er andere Auffassungen und Kritik daran. "Es handelt sich um eine extrem komplexe und schwierige Situation", so Parolin. Zudem sei das Abkommen "nur ein kleiner Schritt". Dank "Gottes Gnade und dem Beitrag gutwilliger Menschen" hoffe man aber, dass dieses "Samenkorn" wachse.