page-header

Mehr Selbstbestimmung und Handlungsspielraum von Frauen in einer Gesellschaft, die ihnen dies sonst verwehrt: Darauf zielt die guatemaltekische Organisation "Amoixquic" (ausgesprochen: Amoischkik) ab, die von der diesjährigen Aktion "Familienfasttag" der Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfbö) gefördert wird. "Wir sind eine Bewegung von Frauen, die sich ihrer Rechte bewusst sind und daran arbeiten, Diskriminierungen zu überwinden und eigene Perspektiven im Leben zu entwickeln", erklärte die Leiterin des Beispielprojekts, Julia Elizabeth Cajas Lima, am Donnerstag in einer Videokonferenz gegenüber Kathpress. Cajas ist als Mitglied der Sprachgruppe Quiché eine Maya-Indigene - wie auch die meisten anderen in ihrem Projekt involvierten Frauen.

Frauen nehmen in Guatemalas Landregionen eine untergeordnete Rolle in ihrem Umfeld ein, so Cajas Beobachtung. "Noch immer hören die Mädchen von klein an, ihre Aufgabe sei es, anderen zu dienen, den Haushalt zu führen, auf die Alten aufzupassen und die Tiere zu versorgen. Nach der vierten Klasse verlassen die meisten von ihnen die Schule, da Eltern alles über Lesen und Schreiben Hinausgehende für unnötig halten. Die Buben lässt man zumindest bis zur sechsten Klasse", schilderte die Frauenrechtlerin. Auch heute noch blieben vielen Mädchen andere Ziele als Heiraten und Kinderbekommen verwehrt, und um ihren Selbstwert stehe es schlecht. "Sie werden wie ein 'Ding' behandelt, doch auch sie selbst trauen sich nur wenig zu."

Dazu kämen Probleme wie häusliche Gewalt, die laut Cajas ein lange nachwirkendes Erbe des Bürgerkriegs und Folge des Alkoholismus ist und sich durch Corona verschärft hat, eine hohe Rate von Frauenmorden und zu wenig Unterstützung von Frauen durch das Rechtssystem. Viele dieser Konfliktlinien hätten sich durch die Pandemie verschärft: Etwa durch den Verlust vieler Arbeitsplätze, durch die Verdoppelung der Busticket-Preise, welche das Passagieraufkommen verringern soll, sowie auch durch die Bildungsmisere. "Schon seit vergangenem Frühjahr und noch mindestens bis zum diesjährigen Sommer sind die Schulen geschlossen, und die meisten Kinder haben kein eigenes Endgerät für Online-Fernunterricht", berichtete die Projektleiterin. Bedenklich sei auch die verfügte Schließung der Märkte: Öffnen dürfen derzeit nur Supermärkte, die aber teuer sind und in vielen Dörfern gar nicht existieren.

Neue Eigenständigkeit

Für etliche dieser Probleme will die Initiative Amoixquic in Gemeinden des westlichen Hochlands von Guatemala Abhilfe schaffen und einen Wandel für die Frauen und ihre Familien erwirken - und zwar durch Bewusstseinsarbeit, Bildung und den Start konkreter Projekte. Was in den derzeit sieben Gruppen von jeweils 15 Frauen geschieht, die sich vor Corona alle zwei Wochen u.a. in kirchlichen Räumen trafen und derzeit auf andere Weise den Kontakt miteinander suchen, hängt stark von den Bedürfnissen der Beteiligten ab. Bisher lernte man in Workshops u.a. die Produktion von Naturseife und Shampoo, deren Verkauf eigene Einkommen generieren. Das damit verdiente Geld setzten die Frauen eigenständig vor allem für ihre Familien und die Bildung ihrer Kinder ein, gründeten aber auch örtliche Spargruppen, da sie bisher keinen Zugang zum herkömmlichen Bankensystem hatten.

Lösungen suchen die Frauen auch auf die grassierende Mangel- und Fehlernährung in ihrer Heimat, die sich in der Pandemie noch zugespitzt hat: Den meisten Kindern wie auch den Schwangeren fehlt es an den für eine gesunde Entwicklung nötigen Nährstoffen; junge Mütter können aus demselben Grund oft ihre Kinder nicht stillen. Auch Diabetes, hoher Blutdruck und Fettleibigkeit sind in der Bevölkerung weitverbreitet. Die Amoixquic-Frauen legten auf kleinen landwirtschaftlichen Flächen eigene Gärten mit traditionellen Gemüsesorten, Bohnen, Mais sowie Kräuter und Heilpflanzen an und züchten Kaninchen, um so den Bedarf an Vitamine, Eiweiß, Eisen und anderen Nährstoffen zu decken. Viel Wert wird dabei auf ökologischen Landbau gelegt, sowie auf Wiederentdeckung von traditionellem Maya-Wissen, das somit vor dem Vergessen gerettet wird.

Entscheidende Hilfe aus Österreich

Für die Unterstützung aus Österreich ist Julia Limas überaus dankbar. "In den vergangenen vier Jahren haben wir wichtige Akzente gesetzt, um Frauen mehr Unabhängigkeit zu geben, aus der Armut zu befreien und Gewalt entgegenzuwirken. Vieles von dem bereits Erreichten wäre ohne die Aktion Familienfasttag gar nicht denkbar", so die Projektleiterin.

Der "Familienfasttag" ist die entwicklungspolitische Aktion der kfbö, die alljährlich in der Fastenzeit u.a. mit Benefizsuppenessen in den Diözesen und Pfarren um Spenden für Hilfsprojekte in aller Welt wirbt. Aufgrund der Pandemie werden die Zusammenkünfte heuer in anderem Modus stattfinden, darunter an einer Mitmach-Kampagne unter dem Titel "Sei Köchin/Koch des Guten Lebens" oder eine "Suppe to go". Der Tradition entsprechend, werben zahlreiche Prominente für die Aktion, darunter Österreichs First Lady Doris Schmidauer, Frau von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dem Beispielprojekt aus Guatemala entsprechend, lautet bei der diesjährigen Aktion zum Themenschwerpunkt Ernährungssouveränität der Slogan "Gemeinsam für eine Zukunft in eigener Hand. Gutes Essen für alle".

Nach den Corona-bedingten schweren Einbußen beim Sammelergebnis schon im Vorjahr gelte es, die von der Pandemie ebenfalls stark betroffenen Projektpartnerinnen in den Ländern des Südens nicht im Stich zu lassen, heißt es seitens der kfbö, denn die drohenden Kürzungen stellten viele Existenzen infrage. (Infos: www.teilen.at)