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Wenig optimistisch sieht Markus Bugnyar, Rektor des Österreichischen Pilger-Hospizes in Jerusalem, aktuelle Friedensperspektiven für den Nahen Osten. Unter der Präsidentschaft von Joe Biden dürfte die US-Politik "in den alten Trott" zurückfallen, wo jeder seine Interessen retten wolle, so Bugnyar im Interview in der aktuellen Ausgabe der Eisenstädter Kirchenzeitung "Martinus". Die insgesamt wenig realistische Nahost-Initiative Donald Trumps habe immerhin einen Positiv-Nebeneffekt gehabt, indem auf einmal "nicht Vorhersehbares aufgebrochen" sei, analysierte Bugnyar mit Blick auf die jüngsten Verträge Israels mit mehreren arabischen Staaten.

Zu den Folgen der Corona-Pandemie wies der Pilger-Hospiz-Rektor in dem Gespräch auf die zunehmend dramatische Situation der kirchlichen Schulen im Heiligen Land hin. Eltern könnten wegen der Pandemie mit all ihren Folgen die Schulgelder nicht bezahlen, im Schulbudget fehlten 17 Millionen Dollar, und als Abhilfe sei der Beschluss zur Schließung einer großen Zahl von Kindergärten gefasst worden. "Es ist ein Teufelskreis", so Bugnyar. Wer eventuell noch etwas retten könnte, sei der Orden der Grabesritter, der eine Sonder-Spendenaktion gestartet hat. Aber auch das Österreichische Pilger-Hospiz helfe über einen eigenen Sozialfonds. Dieser unterstützt mit 25.000 Euro einen kirchlichen Kindergarten in Jenin. Der Fonds wolle sich zudem für ein von Schwestern geführtes Schwerstbehindertenheim der katholischen Pfarre Gaza engagieren.

Allerdings ist auch die finanzielle Lage des Pilger-Hospizes in der Jerusalemer Altstadt aufgrund der Coronakrise nicht die beste. "In der 33-jährigen Geschichte seit der Wiedereröffnung des Hospizes hat es Phasen mit schwachem Besuch wegen Krieg oder Intifada gegeben. Aber immer waren irgendwelche Pilger im Haus. Ein Leerstand von einem Jahr - das war noch nie da", so der Rektor. 40 Angestellte mussten wegen der Pandemie in Kurzarbeit geschickt werden, nur mehr sechs, die unabkömmlich sind - als Securities, Rechnungswesen-Zuständige, Handwerker und Haushaltskräfte - könnten noch geregelt arbeiten. "Erst dann, wenn wir wieder aufsperren können, kann entschieden werden, wie groß die künftige Belegschaft sein soll", erklärte Bugnyar.

Das Pilger-Hospiz habe monatliche Fixkosten von über 40.000 Euro, aber Gott sei Dank seit März mehr als 350.000 Euro an Spenden bekommen. "Damit sind wir bisher über die Runden gekommen, hoffen aber, dass weiter Spenden eintreffen", so der Rektor. Er sieht noch eine lange Durststrecke und erwartet die ersten größeren Pilgergruppen erst im Herbst, auch wegen der bis dahin bestehenden Unsicherheiten bei den Flügen.

Lob für Ökumene und Patriarch

Gute Früchte trägt laut Bugnyar die Jerusalemer Ökumene. Wichtigstes Forum sei der ECOF (Ecumenical Circle of Friends), der vom belgischen Ordensmann P. Frans Bouwens geleitet wird. Im ECOF seien vor Corona Mitglieder aus mehr als 20 christlichen Gemeinschaften monatlich zusammengekommen und hätten im Austausch Lösungen zu einer Vielfalt ganz praktischer Probleme gefunden.

Lobende Worte fand der Rektor auch für den neuen Lateinischen Patriarchen Pierbattista Pizzaballa. Die Personalentscheidung von Papst Franziskus, der 2016 mit Pizzaballa als Administrator die Leitung des Jerusalemer Lateinischen Patriarchats einem Nichtpalästinenser anvertraut hatte, sei anfangs vor Ort mit Unmut aufgenommen worden. Seit vergangenem Dezember ist Pizzaballa nun Patriarch, und der aus Italien stammende Franziskaner habe es geschafft, durch seine Leutseligkeit und Offenheit die Gläubigen zu überzeugen. "Die Stimmung ist jetzt eindeutig Pro", so der Rektor.

Obwohl Pizzaballa besser Hebräisch als Arabisch spricht, könne man von ihm aber keine Durchbrüche in Verhandlungen mit der Regierung erwarten, rückte Bugnyar unrealistische Hoffnungen zurecht. Dazu sei sowohl die Zahl der Katholiken als auch das Gewicht des Lateinischen Patriarchats zu gering. "Anders als in der übrigen Welt ist in Israel der Nuntius derjenige, der das Sagen hat - sowohl gegenüber den offiziellen Stellen als auch innerkirchlich", so Bugnyar.