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Der Vatikan plant offenbar keine kirchenrechtlichen Schritte gegen den Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki wegen der Nichtmeldung des Verdachts eines Missbrauchsfalls an die römische Kirchenzentrale. Nach Einschätzung der zuständigen Kurienbehörde musste Woelki den Verdacht im Jahr 2015 nach damals geltendem Recht nicht zwingend nach Rom melden. Eine entsprechende Einschätzung der Glaubenskongregation ging vergangene Woche an die Bischofskongregation, die um eine Beurteilung des Falls gebeten hatte. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur Kathpress aus dem Umfeld der Kurie in Rom.

Dem deutschen Kardinal Woelki wird von Kritikern zur Last gelegt, dass er den Fall eines pensionierten Düsseldorfer Priesters 2015 wenige Monate nach seinem Amtsantritt als Erzbischof von Köln zwar zur Kenntnis genommen, aber eine kirchenrechtliche Voruntersuchung und eine Meldung nach Rom unterlassen habe. Woelki begründete dieses Vorgehen mit der damals schon weit fortgeschrittenen Demenz des ehemaligen Pfarrers, der 2017 verstorben ist. Die strenge Meldepflicht, wie sie seit 2020 vorgeschrieben ist, habe damals noch nicht gegolten, heißt es dazu aus Rom. Ob es "klug war", den Fall nicht zu melden, sei "allerdings eine andere Frage".

Nach wachsender öffentlicher Kritik hatte Kardinal Woelki Mitte Dezember den Vatikan um Prüfung der Causa gebeten. Da ihm selbst kein Missbrauch vorgeworfen wird, sondern falscher Umgang mit einem Verdachtsfall, ist die Bischofskongregation zuständig. Wann diese ihre Entscheidung bekannt gibt und ob es darin nur um den Fall von 2015 geht oder um mehr, ist offen. Möglich ist, dass der Vatikan erst noch die von der Erzdiözese Köln für Mitte März angekündigte Veröffentlichung von Experten-Gutachten zum früheren Umgang mit Missbrauchsfällen in der deutschen Diözese abwarten will.

Ob die Kongregation inzwischen die Beteiligten in Deutschland über einen Zwischenstand informiert hat, ist nicht bekannt. Eine laut Kirchenrecht und Geschäftsordnung der Kurie vorgesehene 30-Tage-Frist, innerhalb derer Kurienbehörden die beteiligte andere Seite darüber informieren soll, ist inzwischen verstrichen.