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Als einen "wichtigen Ausgangspunkt für ein Pflegesystem mit Zukunft" hat Caritas-Präsident Michael Landau das am Sonntag veröffentlichte Strategiepapier der "Taskforce Pflege" bezeichnet. Der mit breiter Beteiligung erarbeitete Text stelle eine gute Zusammenfassung der Themen dar, "die es durch eine umfassende Pflegereform zu lösen gilt". Dass der Einsamkeit als "neuer Not unserer Zeit" entschieden und systematisch entgegengewirkt werden solle, halte die Caritas - gerade in Zeiten der Corona-Pandemie - für ein "Gebot der Stunde", erklärte Landau am Montag.

Eine weitere Baustelle ist nach Einschätzung Landaus die Weiterentwicklung des Pflegegeldes. Momentan beobachte die Caritas speziell in ihren mobilen Pflegeangeboten und in der Beratung pflegender Angehörigen "eine starke Orientierung an den Defiziten bei der Pflegegeldeinstufung". Landau nannte es wichtig, dass Betroffene so lange wie möglich zuhause in ihrer gewohnten Umgebung leben können. Diesen vielfachen Wunsch zu gewährleisten erfordere für das Pflegegeld eine "individuelle, multiprofessionelle Bedarfseinschätzung unter Einbeziehung von Pflegekräften, Angehörigen und Betroffenen", betonte der Caritas-Chef.

Ein Manko des Taskforce-Papiers sei, dass der niederschwellige Zugang zu Pflegeleistungen etwa über die E-Card - wie im Regierungsprogramm festgehalten - gänzlich unerwähnt bleibe. Auch die besonderen Belastungen und Einschränkungen, die beispielsweise mit einer demenziellen Erkrankung einhergehen, müssten aus Sicht der Caritas künftig stärker bei der Einstufung des Pflegegeldes berücksichtigt werden.

Attraktivierung der Pflegeberufe

Zum wiederholten Mal warnte die Caritas vor einem massiven Fachkräftemangel in der Pflege. Der geschätzte Mehrbedarf von 75.000 bis 100.000 Personen verlange, alle Ausbildungen ab sofort kostenlos anzubieten und mit Stipendien zu unterstützen. Erfreulich sei, dass Verfahren zur Anerkennung von Ausbildungen aus dem Ausland beschleunigt werden sollen. Vor allem aber gelte es Maßnahmen zur Attraktivierung der Pflegeberufe zu setzen. Landau forderte bei der notwendigen Ausbildungsoffensive "deutlich mehr Tempo und Entschlossenheit" der Bundesregierung, um einen echten Pflegenotstand zu verhindern.

Ohne das Engagement der pflegenden Angehörigen wäre das österreichische Pflege- und Betreuungssystem weder finanzier- noch organisierbar, wies Landau weiter hin. Er begrüßte daher den Ausbau von Beratungsangeboten sowie Tagesbetreuungszentren und mobilen, aufsuchenden Diensten zur Entlastung untertags oder auch in der Nacht.

Gegen Einsamkeit, für Zusammenhalt

Als einen Schlüsselbegriff auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt erachtet Landau die Einsamkeit, die auch viele junge Menschen betreffe. Er lobte, dass die Regierung etliche Punkte aus dem "Pakt gegen die Einsamkeit", den die Caritas vor mehr als einem Jahr präsentiert hatte, umsetzen will. "Neben einem Maßnahmenbündel ist dafür vor allem eine klare Zuständigkeit wesentlich", betonte der Caritas-Präsident und empfahl erneut, einen Regierungsbeauftragten für das Thema einzusetzen.

Im Strategiepapier sei das Bekenntnis zum flächendeckenden Ausbau von Palliativ- und Hospizdiensten ebenso erneuert worden wie deren dringend anstehende Überführung in eine bundesweit einheitliche kostendeckende Regelfinanzierung. "Das gibt Hoffnung, dass es hier endlich zu einer tragfähigen, österreichweiten Lösung kommen wird", so Landau. Darüber hinaus müsse das Pflegesystem langfristig finanziell abgesichert werden, zum Beispiel durch einen unbefristeten Pflegefonds, regte die Caritas an.

Bedauern äußerte Landau darüber, dass "leider einmal mehr ein konkreter Zeitplan" offen bleibe; es sei unklar, wann und wie konkret die nächsten Schritte geplant sind. Jedenfalls sollten weiterhin alle Stakeholder eingebunden werden, damit die Erfahrungen aus der Praxis berücksichtigt werden können. Die Caritas biete unterschiedliche Hilfsangebote wie Pflegeheime, Familienzentren und 53 Sozialberatungsstellen.

Türkis-grünes Reformpapier

Die Anfang 2020 von der Regierung eingerichtete "Taskforce Pflege" hatte am Sonntag ihren Bericht vorgelegt. Darin werde der Anlass für die umfassende Reform des Systems deutlich, bekräftigten Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) und ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger in einer Aussendung. Im Strategiepapier werden 17 Ziele und 63 Maßnahmenfelder aus fünf Themenfeldern beschrieben. Diese behandeln die "Verlässlichkeit in der Pflege und Betreuung und Sicherheit des Systems", das Vorgehen gegen Einsamkeit und die Förderung des Miteinander, die Anerkennung der Leistung Pflegender durch angemessene Rahmenbedingungen, die Entlastung für pflegende Angehörige und der Umgang mit Demenz sowie vorausschauende Planung und Gestaltung.

"Ziel der Pflegereform ist es, gemeinsam mit den Stakeholdern das System der Langzeitbetreuung und -pflege weiterzuentwickeln und für die Menschen auch in Zukunft eine bedarfsgerechte Versorgung zu ermöglichen", erklärte Anschober. Nächster Schritt sollen Gespräche zwischen Bund und Ländern über die Pflegereform sein.