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Im Zuge der schon zwei Monate andauernden Großproteste indischer Bauern gegen die geplante Agrarreform ihrer Regierung hat der Erzbischof von Bangalore Verständnis für die Anliegen der Demonstranten signalisiert. Auch wenn sich die Bischöfe in dem Streit bisher zurückgehalten hätten, sei die katholische Kirche "grundsätzlich für die Belange der Landwirtschaft" und bete für eine friedliche Lösung des Konflikts, "die gut für die Bauern ist und auch für die Regierung passt", erklärte Erzbischof Peter Machao im Interview mit dem Portal "Vatican News" (Donnerstag). Dabei wäre es besser, "wenn die Regierung auf die Bauern hören würde".

Zuvor hatten die Proteste am Dienstag einen Höhepunkt erreicht, als zum indischen Unabhängigkeitstag zehntausende demonstrierende Bauern mit ihren Traktoren in die Hauptstadt Neu Delhi fuhren und den Palast Red Fort stürmten, auf dem Premier Narendra Modi zu diesem Anlass alljährlich die indische Flagge hisst. 2021 zogen die wütenden Landwirte die Fahnen des Bauernverbandes auf. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Tränengas ein. Mindestens ein Demonstrant starb bei den Ausschreitungen, Dutzende auf beiden Seiten wurden verletzt.

Grund für die massiven Proteste ist die geplante Agrarreform, die aus Sicht der Kritiker die Großunternehmen in der Landwirtschaft stärken und die Bauern weiter schwächen würde. Der Verkauf von Getreide und anderer landwirtschaftlicher Produkte soll demnach nicht mehr wie bisher ausschließlich auf staatlich organisierten Großmärkten zu garantierten Mindestpreisen möglich sein, sondern künftig auch ohne Zwischenhändler direkt an Privatfirmen. Die Regierung argumentiert, dass die Erzeuger damit höhere Preise erzielen könnten. Die Bauern befürchten hingegen einen massiven Preisverfall, weil sie bei Verhandlungen mit den Agrarkonzernen in einer schwächeren Position wären.

Rund 60 Prozent der 1,3 Milliarden Einwohner Indiens leben von der Landwirtschaft, wobei laut Erzbischof Machado fast alle Bauern sehr arm und oft verschuldet seien; die Industrialisierung habe ihre Situation noch verschärft. Die Kirche setze sich aus diesem Grund für diese Gruppe ein, von deren Arbeit die Ernährung und der soziale Friede des ganzen Landes abhänge, sagte der Leiter der Erzdiözese Bangalore. Die Regierung Indiens ersuche er, "die Bauern anzuhören und ihre Anliegen soweit möglich zu lösen".