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Die Irak-Reise von Papst Franziskus kann nach Einschätzung des aus Österreich stammenden Nahost-Experten Moritz Ehrmann zu einer Stabilisierung in dem innenpolitisch fragilen Staat beitragen. Der Irak befinde sich in mehreren Krisen gleichzeitig und unter außenpolitischen Spannungen; der Papst sei augenscheinlich in der Lage, "sich in so einem komplizierten Kontext zu bewegen und die richtigen Worte zu finden", sagte Ehrmann der Nachrichtenagentur Kathpress (Donnerstag). Ehrmann arbeitet unter anderem für die Crisis Management Initiative in Helsinki, eine internationale Organisation für Konfliktlösung.

Die Zentralregierung in Bagdad versuche derzeit, die internationalen Kontakte des Irak zu diversifizieren, sich offen zu zeigen und Partner zu suchen, sagte Ehrmann. Papst Franziskus dürfe mit Wohlwollen rechnen; in dem überwiegend islamischen Land gebe es "keine von vornherein negative Wahrnehmung der katholischen Kirche". Auch verfüge der Vatikan über diplomatische Mitarbeiter, die aus der arabischen Welt stammten und dort akzeptiert würden, sagte Ehrmann, der gebürtiger Wiener ist und zeitweise als Diplomat der österreichischen Botschaft beim Heiligen Stuhl tätig war.

Hoffnung auf ein positives Echo der Papstreise im Irak gebe eine allgemeine Stimmung, die auf Wiederversöhnung und Zusammenhalt gerichtet sei. Die Terrorherrschaft des "Islamischen Staats" von 2014 bis 2017 habe einen "Gipfel der Brutalität" markiert. "Das hat zu einem Umdenken im Land geführt. Aus Ideen wie nationaler Wiederversöhnung ist seitdem ein Bemühen um gesellschaftlichen Zusammenhalt gewachsen", sagte Ehrmann. "Es bleibt ein weiter Weg, aber dieses Konzept stellt niemand mehr in Frage."

Als wichtige Figur bezeichnete Ehrmann auch Großajatollah Ali al-Sistani, der den Papst in der für Schiiten heiligen Stadt Nadschaf empfangen will. Vor dem Hintergrund einer breiten Ablehnung der sonstigen Elite gelte der 90-jährige al-Sistani über konfessionell-religiöse Grenzen hinweg als "eine der wenigen moralischen Autoritäten im Land".

Zur Lage der christlichen Minderheit im Irak sagte Ehrmann, auch von Vertretern anderer Glaubensrichtungen werde betont, dass Christen "ein fundamentaler Teil der Gesellschaft" seien. Das sei nicht einmal in der Phase des "Islamischen Staats" infrage gestellt worden. Dies ändere aber nichts daran, dass die Christen nach jahrzehntelanger Abwanderung "im Irak kein wesentlicher Player" seien, sagte Ehrmann.