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Der kirchlich mitinitiierte sowie mitgetragene Protest gegen die von der Regierung verweigerte Flüchtlingsaufnahme aus desolaten griechischen Lagern hält an: In Dornbirn (Vlb.) verwandelte sich etwa der Marktplatz von Mittwoch auf Donnerstag für 24 Stunden in ein Protestcamp. Den Anstoß dazu gaben die "Jugendbotschafter*innen" der Auslandshilfe der Caritas Vorarlberg zusammen mit Partnerorganisationen. Für Samstag ist um 16 Uhr in Gleisdorf (Stmk.) eine Kundgebung für die Flüchtlinge im Lager Kara Tepe auf Lesbos angekündigt; dabei werden am Hauptplatz u.a. Vertreter der kirchlich getragenen "Solidarregion Weiz" und der Chocolatier Josef Zotter ihre Unzufriedenheit mit der herrschenden Asylpolitik in Ansprachen äußern.

Unter dem Motto "Jetzt schlägt's 13!" wollten nach einer Aussendung der Caritas Vorarlberg jugendliche und auch erwachsene Protestcamper auf die Verletzung der Kinderrechte in den Flüchtlingslagern auf europäischem Boden aufmerksam machen. Die auf dem Dornbirner Marktplatz aufgeschlagenen Zelte sollten "ein starkes Zeichen der Solidarität gerade auch mit den Flüchtlingskindern und deren Familien" setzen. Die Teilnehmenden ließen sich von dem bitterkalten, nassen und windigen Wetter nicht abschrecken, hieß es. Nicole Kantner, Leiterin der Jugendbotschafter für UN-Kinderrechte und SDGs ("Sustainable Development Goals", Nachhaltigkeitsziele, Anm.) der Caritas-Auslandshilfe, bezeichnete es als nicht hinnehmbar, dass in Flüchtlingslagern auf europäischem Boden "Kinderrechte mit Füßen getreten werden".

Jugendbotschafterin Beatrice Längle machte in der Caritas-Aussendung auf einen Widerspruch aufmerksam: "Wie kann Österreich sich mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtekonvention zum Schutz der Kinderrechte verpflichten und eben diese Pflichten an den Brennpunkten der EU nicht beachten?" Durch die Pandemie habe sich die ohnehin prekäre Situation in den Flüchtlingslagern zusätzlich verschärft, und Kinder würden besonders leiden.

Trotz der unwirtlichen Bedingungen im Vorarlberger Winter sei eine Nacht im Zelt niemals mit der Situation von Flüchtlingen vergleichbar, berichtete mit Ella Subasic eine weitere Teilnehmerin: "Ich habe weder Angst, noch bin ich in Gefahr." Ihre Mitstreiterin Lisa Schörgenhofer versuchte während der Nacht im Camp dennoch, sich in die Lage jener Personen zu versetzen, "für die verheerende und untragbare Zustände in Flüchtlingslagern Alltag sind".

Unterstützung erhielten die Jugendbotschafterinnen durch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm beim Protestcamp mit Reden, Filmvorführungen, Gesang, Poetry Slam und Theater. Beteiligt an der Organisation war auch die Offene Jugendarbeit Dornbirn (OJAD) und die Initiative "uns reichts!".

Lage auf griechischen Inseln bleibt prekär

Eine eiskalte Nacht erwartet auch die Teilnehmenden am "Wochenende für Kara Tepe" in Gleisdorf, das die "Solidarregion Weiz" ab Samstag, 14 Uhr, 24 Stunden lang durchführt. Darin eingebettet ist am Samstag um 16 Uhr eine Kundgebung, bei der Ansprachen unter anderen von Erwin Stubenschritt, dem Obmann der kirchlich initiierten "Solidarregion", Giovanni Prietl, dem Pfarrer von Gleisdorf, der Schriftstellerin Andrea Wolfmayr und Josef Zotter von der gleichnamigen oststeirischen Schokoladen-Manufaktur vorgesehen sind.

Der Koordinator der Kundgebung, der Weizer Theologe Fery Berger, übermittelte am Freitag eine Information von Ärzte ohne Grenzen über den Status quo in griechischen Flüchtlingslagern. Demnach müssen derzeit ca. 18.000 Betroffene auf Lesbos, Samos, Chios, Leros und Kos unter winterlichen Bedingungen ausharren. Davon hausten 7.200 in nicht annähernd winterfesten Zeltunterkünften im Lager Kara Tepe II auf Lesbos, die in der Regel nicht einmal notdürftig beheizbar seien.

Auch Mindeststandards in der Wasserversorgung, Sanitäreinrichtungen bzw. die Deckung von elementaren Grundbedürfnissen wie Gesundheitsversorgung oder Bildung sind laut der Hilfsorganisation immer noch nicht sichergestellt. "Besonders besorgniserregend ist der Umstand, dass der Schutz von vulnerablen Personen innerhalb des Lagers nicht sichergestellt ist, besonders Frauen und Kinder sind z.B. durch nachts unbeleuchtete Toiletten gefährdet."

Gegenwärtig befänden sich ca. 2.500 Kinder innerhalb des Lagers Kara Tepe II, so Ärzte ohne Grenzen weiter. Aufgrund der COVID-19 Restriktionen dürfe in der Regel pro Familie und Woche nur jeweils eine Person das Lager für die Erledigung dringender Bedürfnisse verlassen. Was dazu führe, dass die meisten Kinder bereits seit Monaten das Lager nicht mehr verlassen konnten. "Ein Lager, in dem es keine Bildungsmöglichkeiten gibt, keine Rückzugsmöglichkeiten oder kindergerechte oder gar kinderfreundliche Räume, um zu spielen."

Nach Schätzungen von Ärzte ohne Grenzen würden mindestens 70 Prozent dieser Kinder psychologische Unterstützung benötigen, um ihren Alltag zu bewältigen. Dabei reiche der Bedarf von psychologischer Erster Hilfe bis zu psychiatrischer Betreuung in den schwersten Fällen.

In den vergangenen Wochen übernachteten in mehreren österreichischen Städten Engagierte aus Zivilgesellschaft und Kirchen im Freien in Zelten, um auf die anhaltend dramatische Situation geflüchteter Menschen in europäischen Lagern wie Kara Tepe aufmerksam zu machen.