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Schon bei der Ankündigung benutzten Kirchenleute wie Kommentatoren den Begriff "historisch": Vor fünf Jahren, am 12. Februar 2016, begegneten sich die Kirchenführer aus dem "Ersten Rom" und dem "Dritten Rom", Papst Franziskus und der russisch-orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill I., im Flughafengebäude von Havanna. Ein solches Treffen, zumal im kommunistischen Kuba, schien zuvor ausgeschlossen. Zwar hatte Papst Paul VI. während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) Kontakt zum Öumenischen Patriarchen von Konstantinopel, dem Ehrenvorsitzenden der Orthodoxie, aufgenommen und rasch ausgebaut. Das Verhältnis zur größten orthodoxen Kirche, der von Moskau aus gelenkten russisch-orthodoxen Kirche, blieb hingegen schwierig und war um die Jahrtausendwende sogar frostig geworden.

2016 aber begrüßten sich Papst und Moskauer Patriarch in Havanna herzlich und umarmten einander. Franziskus nannte Kyrill I. "Bruder" und bezeichnete die Begegnung als "Gottes Willen". Der Moskauer Patriarch sagte, die Dinge seien nun einfacher. Anschließend unterzeichneten sie eine gemeinsame 30-Punkte-Erklärung, hielten kurze Ansprachen. Nach vier Stunden verabschiedeten sie sich, Franziskus reiste weiter nach Mexiko, Kyrill setzte einen Lateinamerika-Besuch fort. Der historische Gipfel war beendet.

"Nicht Konkurrenten, sondern Geschwister"

Bei der Begegnung ging es weniger um strittige theologische und rechtliche Fragen, die den Dialog mit dem Moskauer Patriarchat so kompliziert machen. Im Mittelpunkt standen die großen Weltthemen: Frieden, Gerechtigkeit und Umweltschutz, aber auch die verzweifelte Lage der Christen im Nahen Osten.

In der gemeinsamen Erklärung betonten Patriarch und Papst: "Wir sind nicht Konkurrenten, sondern Geschwister". Sie warnten vor der Gefahr eines neuen Weltkriegs, riefen die Akteure in Nahost mit gutem Willen an den Verhandlungstisch und verlangten von der internationalen Gemeinschaft, dem Terrorismus ein Ende zu setzen. Die Kirchenführer sprachen sich für die Achtung der Religionsfreiheit aus, beklagten dabei auch einen aggressiven Säkularismus. Nach der Unterzeichnung bekräftigten sie den Wunsch nach Kooperation und Wiederherstellung der christlichen Einheit.

Beinahe-Treffen im Stift Heiligenkreuz

Eine Verbesserung der Kirchenbeziehungen zwischen Rom und Moskau stand schon länger auf der Vatikan-Agenda, spätestens seit mit Michail Gorbatschow im Dezember 1989 - drei Wochen nach dem Fall der Mauer - erstmals ein sowjetischer Parteichef den Papst besuchte und ihn sogar nach Moskau einlud. Pläne zu Gegenbesuchen scheiterten stets am "Njet" des Moskauer Patriarchats.

Mehrfach gab es Spekulationen um ein Treffen von Patriarch und Papst an neutralem Ort. Aber alle Projekte, darunter auch eine 1997 bereits bis ins Detail geplante Begegnung zwischen Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und Patriarch Aleksij II. im niederösterreichischen Stift Heiligenkreuz, wurden im letzten Moment abgesagt. Die Zeit sei für ein solches Treffen noch nicht reif, lautete das Mantra aus Moskau. Zunächst müssten noch Grundprobleme aus dem Weg geräumt werden. Und dazu gehörten für die Russen die mit Rom unierten Ukrainer und der angebliche Proselytismus der Katholiken im orthodoxen Russland.

"An jedem Ort zu jeder Zeit"

Dann aber kam der Durchbruch ganz plötzlich. Bald nach Amtsantritt von Franziskus 2013 sei die rote Ampel auf gelb gesprungen, sagte damals der vatikanische Ökumene-Minister Kardinal Kurt Koch. Ausschlaggebend war die Antwort des Papstes bei einer fliegenden Pressekonferenz, er sei zu einem Treffen mit Kyrill I. "an jedem Ort zu jeder Zeit" bereit. Innerhalb von zwei Wochen sei die Ampel dann auf grün übergegangen, so Koch.

Ein geplanter Lateinamerika-Besuch des Patriarchen und die gleichzeitige Mexiko-Reise des Papstes boten einen Zwischenstopp für den Gipfel im "neutralen" Kuba an. Franziskus hatte dort bereits fünf Monate zuvor einen dreitägigen Pastoralbesuch absolviert. Der Vatikan hatte zuvor maßgeblichen Anteil an der Annäherung zwischen den USA und Kuba während der Präsidentschaft von Barack Obama gehabt.

Innerorthodoxer Konflikt belastet auch Ökumene

Das Gipfeltreffen von Havanna hat die Beziehungen zwischen dem Vatikan und der russischen Orthodoxie verbessert. Es gibt Begegnungen und einen kulturellen Austausch mit Ausstellungen und Konzerten. Bei Besuchsreisen lernen Gruppen von Jungpriestern das Leben und die Arbeit der anderen Kirche näher kennen. Am Jahrestag des Gipfels von Havanna sind seither Begegnungen hochrangiger Delegationen mit einem breiten Gesprächsprogramm angesetzt.

Freilich hat zuletzt der innerorthodoxe Konflikt zwischen Moskau und Konstantinopel um die Ukraine auch die Ökumene belastet. Moskau klinkte sich, wie etliche andere Kirchen, aus dem gemeinsamen katholisch-orthodoxen Theologen-Dialog aus. Aber die bilateralen Kontakte laufen unabhängig davon weiter.