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Kritik an Profitgier und reiner Gewinnoptimierung üben kirchlich Engagierte in Richtung Volkswagen-Konzern. Hintergrund ist die drohende Schließung des MAN-Werkes in Steyr (OÖ) und der drohende Verlust von mehr als 2.200 Arbeitsplätzen. Die damit einhergehenden Proteste vonseiten der Gewerkschaft und Betriebsräte werden kirchlicherseits unterstützt, u.a. durch Präsenz bei einem Warnstreik im Oktober. Sichtbar ist diese Solidarität bei der dem Werk benachbarte Pfarre St. Josef Steyr-Ennsleite, wo ein Protest-Transparent mit der Botschaft "Wir sind solidarisch mit euch" deutlich sichtbar angebracht ist. Diese Form der "moralischen Unterstützung" sei für die MAN-Mitarbeiter eine wichtige Stütze, betonte Betriebsseelsorgerin Ulrike Hammerl jetzt in der Kirchenzeitung der Diözese Linz.

"Die Leute waren alle stolz, bei MAN zu sein. Jetzt erlebe ich aber bei vielen verständlicherweise eine tiefe Kränkung", so Hammerl. Die Betriebsseelsorge befinde sich aktuell im ständigen Austausch mit den Beschäftigten, so habe man etwa kurz vor Weihnachten Gebäck an die MAN-Mitarbeiter verteilt - "als kleine Anerkennung für ihre Arbeit", meinte die Seelsorgerin der diözesanen Stelle "Treffpunkt Mensch & Arbeit Steyr".

Das Protest-Transparent sei ein Zeichen an die Mitarbeiter, "dass da jemand da ist, der an sie denkt und auf ihrer Seite ist", erläuterte Franz Kalkgruber, Ehrenamtlicher der Pfarre Steyr-Ennsleite und pensionierter MAN-Entwickler. Die Kirche müsse dort sein, "wo die Menschen sind, wo es schwierig wird, wo Solidarität gefragt ist", heißt es zur Protest-Beteiligung auf der Homepage der Pfarre St. Josef Steyr-Ennsleite.

Das Argument, dass der LKW-Hersteller coronabedingt in massive wirtschaftliche Turbulenzen geraten sei, ließ Kalkgruber nicht gelten. So hätte das MAN-Werk in Steyr bis vor Kurzem noch Gewinne geschrieben. "Noch vor zwei Jahren sind Gewinnprämien an uns Mitarbeiter ausgeschüttet worden, das bewegte sich im Bereich von 30 Prozent eines Monatsgehalts", so Kalkgruber, der sich über die Vorgangsweise des Konzerns erschüttert zeigte.

Kritik übte er auch daran, dass die Produktion nach Polen verlegt werden solle, wo die Kosten billiger seien. "Die Reichen wollen immer noch mehr haben. Da geht es nur um Gewinnoptimierung. Das ist reinste Profitgier." Das MAN Management hatte neben der Schließung von Steyr 2023 auch den Verkauf des Werks als Option genannt.

Trotz angespannter Lage rund um das Steyrer MAN-Werk, sei die kirchliche Anteilnahme an den Protesten ein "weiterer positiver Beleg, dass sich das Verhältnis zwischen Arbeiterschaft und Kirche in Steyr in den letzten Jahren verbessert hat", erläuterte Karl Ramsmaier. Der Religionslehrer an der HTL Steyr forscht u.a. über das historische Verhältnis und die Gräben zwischen der Arbeiterschaft und der katholischen Kirche. Erst ab Mitte der 1980-er Jahre hätte es eine merkliche Entspannung gegeben, was sich etwa in einer Versöhnungsmesse zum 50-jährigen Gedenken an den Bürgerkrieg im Jahr 1934 in der Pfarre Ennsleite gezeigt hätte. "Die Solidarität der Kirche mit den Arbeitern ist auch deswegen ganz wichtig", so Ramsmaier abschließend.