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Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.
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Die SPD-Mitglieder haben mit Zweidrittelmehrheit für eine Neuauflage der Großen Koalition gestimmt. Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sieht seine Partei in einem verheerenden Zustand. Vor allem beim Thema Integration lasse sich die SPD „von einer ehrenwerten Gesinnung den Blick auf die Realitäten trüben“, sagte er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (Ausgabe 3. März). Seine Partei müsse sich fragen, „ob das Pendel in den vergangenen Jahren nicht zu weit in Richtung einer Vielfaltseuphorie und eines gehypten Multikulturalismus ausgeschlagen ist“. Wie die Sozialisten in Frankreich stehe auch die SPD in der Gefahr, „sich mehr um Antidiskriminierungspolitik und Lifestyle-Themen zu kümmern und darüber die Befindlichkeiten der Mehrheitsgesellschaft außer Acht zu lassen“.

Ein spezifisch deutsche Kultur nicht abstreiten

Steinbrück forderte, die Sozialdemokraten dürften sich einer Debatte über die deutsche Leitkultur nicht länger verweigern. Eine spezifisch deutsche Kultur abzustreiten sei fatal, „weil es dem unsäglichen Vorurteil Vorschub leistet, die SPD habe ein gestörtes Verhältnis zum nationalen Erbe“. Steinbrück zufolge ist die SPD nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Er plädiert für eine radikale Reform der Parteizentrale, des Willy-Brandt-Hauses: „Die Mitarbeiter dort Leben zu sehr in den Fotoalben vergangener Jahrzehnte.“ Steinbrück war 2013 Kanzlerkandidat der SPD. Sie erhielt damals bei der Bundestagswahl 25,7 Prozent der Stimmen. Mit dem Spitzenkandidaten Martin Schulz erreichte sie im September 2017 noch einen Stimmenanteil von 20,5 Prozent. Nach der jüngsten Emnid-Umfrage erhielte die SPD 16 Prozent, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre.