page-header
An jüdisches Gemeindeleben in Wien-Hernals erinnerte die Veranstaltung zum "Tag des Judentums" in der Hernalser Bezirksvorstehung.
Anzeige

Der Erinnerung an das jüdische Gemeindeleben in Wien-Hernals vor 1938 war am Dienstag, 16. Jänner, in der Bezirksvorstehung eine Veranstaltung gewidmet. Anlässlich des von den Kirchen begangenen „Tags des Judentums“ am 17. Jänner ergriffen Vertreterinnen und Vertreter von Katholischer und Evangelischer Kirche, der Israelitischen Kultusgemeinde und der Politik das Wort. Evelyn Adounka, Autorin des Buches „Jüdisches Leben in den Wiener Vorstädten – Ottakring und Hernals“, berichtete, dass vor dem „Anschluss“ an Nazi-Deutschland von den 175.000 Mitgliedern der Wiener Kultusgemeinde 2,6 Prozent, also etwa 4500 Menschen, in Ottakring, und 2 Prozent in Hernals lebten.

Martin Jäggle, Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, sagte, dass die Zerstörung jüdischer Gemeindehäuser politisch organisiert und von der Bevölkerung toleriert und akzeptiert wurde. „In kirchlichen Chroniken aus dieser Zeit finden sich darüber kaum Notizen. Es war nicht erwähnenswert.“ Mit der Zerstörung wurde auch der Hernalser jüdischen Gemeinde die Heimat genommen. Jüdische Gemeinden seien mit der Zerstörung ihrer Gebäude unsichtbar gemacht worden.

Vom Raub der staatsbürgerlichen Rechte an jüdischen Bürgern bis zur Zerstörung ihrer Gebäude habe es nur neun Monate gedauert. Auf dem „furchtbar fruchtbaren“ Boden der traditionellen christlichen Lehre von der Verachtung dem jüdischen Volk gegenüber seien Verbrechen möglich geworden, die zu wenige für möglich gehalten haben, so Jäggle. Im Gedenkjahr 2018 sei es wichtig, eine Einstimmung wie diese Veranstaltung zum Gedenken zu haben.

Michael Bubik, Rektor der Diakonie Eine Welt, erinnerte schließlich daran, dass die Diakonie ihren Ausgangspunkt in Hernals hatte. Diakonie, Gebet und Gottesdienst gehören zusammen, erklärte Bubik, da Gebet und Diakonie auch Gottesdienst seien. „Dieser Gedanke ist Christen und Juden gemeinsam.“

Der Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Raimund Fastenbauer, erwähnte, dass es in den Bezirken Hernals und Ottakring jüdische Vereine für Krankenbesuche und die rituelle Bestattung Verstorbener gegeben habe. Ein weiteres wichtiges Element jüdischen Gemeindelebens sei die „Wohltätigkeit per se“: „Männer und Frauen sind dazu verpflichtet, diese Wohltätigkeit auszuüben.“ Ausgangspunkt dieses Engagements sei die soziale Gerechtigkeit.

„Das Christentum ist ohne Judentum nicht zu denken, das Neue Testament ist ohne das Alte Testament nicht zu verstehen“, sagte Dechant Karl Engelmann, Pfarrer der Wiener Kalvarienbergkirche. Er betonte das in der Zwischenkriegszeit starke soziale Engagement der jüdischen Gemeinde in Hernals, wies aber auch auf den starken Antisemitismus zu der Zeit hin.

Elisabeth Lutter vom Wiener Vikariatsausschuss Ökumene hob das Gedenkjahr 2018 hervor, in dem sich die Novemberpogrome von 1938 zum 80. Mal jähren. Mit diesen Pogromen habe die systematische Verfolgung jüdischer Menschen begonnen, die dann in den Holocaust führte. Vor diesem historischen Hintergrund seien Christen und Juden heute hier versammelt, um gemeinsam Gedenk- und Trauerarbeit zu leisten.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde u.a. das jüdische Totengebet auf Hebräisch gesungen und auf Deutsch gelesen. Friedensbitten wurden u.a. vom Vorsitzenden des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), dem evangelisch-reformierten Landessuperintendenten Thomas Hennefeld, und dem katholischen Pfarrer Wolfgang Kimmel vorgetragen.