page-header
Anzeige

"Die Evangelikalen sind eine der am schnellsten wachsenden religiösen Bewegungen weltweit und gewinnen zunehmend auch im deutschsprachigen Raum an Bedeutung." Mit diesen Worten bewirbt der Bielefelder transscript Verlag sein „Handbuch Evangelikalismus“. Wie es darin heißt, gibt es in Deutschland 1,7 Millionen Evangelikale. Sie stellen damit einen Anteil von etwa zwei Prozent an der Bevölkerung. Zwei der drei Herausgeber des Buches äußern sich jetzt in einem Interview mit dem Onlinemagazin „Telepolis“ (Hannover) zur evangelikalen Bewegung: Martin Radermacher und Jens Schlamelcher, die am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien der Ruhr-Universität Bochum lehren und forschen.

Forscher: Das freikirchliche Spektrum wächst zum Teil auf Kosten der Landeskirchen

Laut Schlamelcher scheint die überwiegende Zahl der evangelikalen Verbände in Deutschland zu schrumpfen. Anders sehe es aber bei der Zahl der Gemeinden aus. So gebe es Nordrhein-Westfalen inzwischen mehr kleine freie Gemeinden als evangelische Kirchengemeinden. Das freikirchliche Spektrum wachse zum Teil auf Kosten der Landeskirchen. Schlamelcher: „Die Landeskirchen befinden sich in einer Krise. Sie reagieren darauf, indem sie versuchen, möglichst viele Leute zu erreichen. Das verwässert den Glauben.“ Evangelikale fänden Landeskirchen „religionspolitisch viel zu liberal, und darum verlassen manche Gemeinden als Ganze die Landeskirche“. Schlamelcher zufolge wächst ein Teil der evangelikalen Gemeinden durch Migration. Vor allem Afrikaner und Südamerikaner fühlten sich in diesen Gemeinden wohl.

Evangelikale missionieren „sehr intensiv“

Radermacher vertritt die Ansicht, dass Evangelikale „sehr intensiv“ missionieren. In den letzten zehn bis 20 Jahren hätten sie auch Europa wieder als Missionsfeld entdeckt. So kämen Christen aus den USA, um hier zu missionieren. Im Blick auf die öffentliche Wahrnehmung der Evangelikalen sagte Radermacher, sie verlören gegenüber dem Islam an Platz in der Berichterstattung: „Und wenn doch berichtet wird, dann eher mit Konzentration auf Konflikte.“ Das „Handbuch Evangelikalismus“ vermittelt nach Angaben des Verlages erstmals in deutscher Sprache einen Gesamtüberblick über die christlichen Gruppen, die im weitesten Sinne unter dem Begriff „Evangelikalismus“ zusammengefasst werden können.