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Bei der Präsentation des diesjährigen Programms in Wien (v.l.n.r.): Helmuth A. Niederle (PEN-Club), Margarethe Prinz-Büchl (Bürgerdialog), Hannes Swoboda (Kuratorium), der Zeithistoriker Michael Zinganel und Harald Hafner (Travel Industry Club Austria).
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Die diesjährigen Toleranzgespräche im Kärntner Bergdorf Fresach widmen sich vom 16. bis zum 19. Mai dem Thema „Sehnsucht nach Europa – Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies“. Thematische Schwerpunkte liegen dabei auf der Frage nach historischen und gegenwärtigen Entwicklungen des Europakonzeptes und der Möglichkeit einer weiteren Deliberalisierung der europäischen Politik. Rund 40 Fachleute und Kreative aus Wissenschaft, Kultur und Politik treten bei den vom Verein „Denk.Raum.Fresach“ initiierten Toleranzgesprächen in den Diskurs, darunter die Trendforscherin Birgit Gebhardt, der Philosoph Wolfgang Müller-Funk oder die evangelische Pfarrerin Lydia Burchhardt. Präsentiert wurden das Programm und die inhaltlichen Schwerpunkte am Donnerstag, 18. Jänner, im Club Carinthia der Oberbank Wien.

Der Kärntner Superintendent und Obmann des Denk.Raum.Fresach, Manfred Sauer, sagt über die Ausrichtung der heurigen Toleranzgespräche, Europa habe sich durch „Brexit“, Migration und Terror stark verändert. Ängste seien spürbar geworden, sicherheitspolitische Erwägungen würden viele mühsam errungene Freiheiten wieder einschränken: „Wir brauchen wieder eine starke Hoffnung, eine Sehnsucht und Utopie alternativer Lösungsmodelle einer inklusiven Gesellschaft, die nicht ausgrenzt, die sich nicht abschottet, die ihre Kraft nicht aus Feindbildern speist, die nicht nur im wirtschaftlichen Aufschwung und Erfolg das Heil erblickt, sondern in einem solidarischen und entschleunigten Miteinander.“

„Toleranz bedeutet nicht Konfliktfreiheit“

Hannes Swoboda, ehemaliger EU-Politiker und Kuratoriumspräsident des Denk.Raum.Fresach, ortet im gegenwärtigen Europa eine Herrschaft des „Klein-Klein“. Verloren gegangen sei die Sehnsucht nach Alternativen, im Mittelpunkt stehe nur die Frage „Was bringt mir das?“, die die Chance auf gesellschaftliche Kompromisse verbaue. „Aber Europa baut auf Kompromissen, Toleranz und Akzeptanz der Vielfältigkeit auf.“ Konflikte dürften bei den Toleranzgesprächen nicht ausgespart bleiben, denn Toleranz bedeute nicht eine konfliktfreie Gesellschaft, sondern entscheide sich daran, wie mit Konflikten umgegangen werde.

Helmuth A. Niederle, Präsident des Österreichischen P.E.N.-Clubs, der als Kooperationspartner der Toleranzgespräche fungiert, weist auf den aktuellen „enormen Migrationsdruck“ vor dem Hintergrund eines höchst unterschiedlichen Bevölkerungswachstums und ungleich verteilten Wohlstands hin. Für Europa bedeute das: „Wenn wir bestehen wollen in Menschlichkeit und Humanität, müssen wir manches vor Ort verändern.“ Dadurch würde Druck aus der Migrationsfrage genommen.

Im Rahmen eines Bürgerdialogs wollen die Veranstalter die Bevölkerung in und um die 1300-Seelen-Gemeinde Fresach ins Gespräch einbinden. Margarete Prinz-Büchl, die gemeinsam mit Karin Krobath für den Bürgerdialog zuständig ist, will „Beteiligungen schaffen, wo Menschen vor Ort sich angesprochen fühlen“. Der lebendige Austausch soll in eine gemeinsame Charta münden.

Tourismusforum und weitere Neuerungen

Ein erstmals stattfindendes „Tourismus-Forum“ vermisst die „Grenzen des Wachstums“ im touristischen Bereich. Harald Hafner, Präsident des neuen Kooperationspartners „Travel Industry Club Austria“, mahnt angesichts zunehmender Besucherströme in den Bergregionen ein Umdenken an: „Die Alpen als Kultur- und Erlebnisraum werden zusehends inszeniert und als Theater aufgebaut, darunter leiden viele, nicht zuletzt jene, die dort wohnen.“ Neu im Programm sind 2018 außerdem ein Schülerforum, ein UnternehmerInnentag und ein Preisdichten.

Die Europäischen Toleranzgespräche in Fresach finden seit 2015 jährlich zu Pfingsten statt. Abgehalten werden sie vom „Denk.Raum.Fresach“, der sich als „interdisziplinäre Plattform für Kultur, Politik und Wirtschaft“ versteht. Kooperationspartner ist unter anderem die Evangelische Kirche in Österreich. Im Dezember 2017 wurde der „Denk.Raum.Fresach“ für die Durchführung der Toleranzgespräche mit dem Kärntner Menschenrechtspreis ausgezeichnet.